Ein weiteres Offroad-Abenteuer beim Xterra Golegã!

Zutaten Xterra Golegã – Algen, Stroh, rote Erde, Eukalypthus-, Oliven- und Orangen-Bäume!

Die portugiesische Kleinstadt Golegã liegt im nördlichen Alentejo und ist eine gute Autostunde von Lissabon entfernt. Als Austragungsort für das fünfte Rennen der Xterra European Series ist Golegã eigentlich weniger für Cross-Triathlon bekannt, sondern eher für Pferde- und Stierzucht. Die Pferdestadt steht insbesondere für die Zucht der Pferderasse Lusitanos. Dieser Name ist deshalb auch omnipresent, vom Hotel Lusitano bis hin zum Frisörsalon Lusithair.

Zwei Wochen nach der Challenge Lisboa war ich zwar grundlegend erholt, jedoch eher auf längere Distanzen und klassichen Triathlon trainiert. Das Schwimmen mit einer Länge von 1,5 Kilometern würde sich beim Xterra Golegã nicht eklatant unterscheiden, jedoch die 30 Mountainbike- und 9-Trailrun-Kilometer sollten es in sich haben. Hingegen der Ausschreibung des Xterra Golegã waren es letztendlich 1,6-33-10,6k nach eigener GPS-Aufzeichnung. Doch nicht nur diese unkalkulierten Mehrkilometer brachten mich an den Rande der Erschöpfung. Die technisch extrem anspruchsvolle Strecke, die Hitze als auch der Obstacle-Race-Charakter zermürbten mich. Abgesehen davon nahm ich diesen Wettkampf scheinbar etwas zu leicht…

Schwimmstart.

Bereits am Tag vor dem Wettkampf wunderte ich mich, was für eigenartige Schaufelrad-Boote auf der Laguna da Alverca unterwegs waren. Am Wettkampftag erfuhr ich vor dem Einschwimmen von einem „Bombeiro“ (port. Feuerwehrmann), daß das Lagunewasser aus dem Fluß Tejo kommt und extrem nahrhaft für Wasserpflanzen sei. Mit diesem Schaufelrad-Boot wurde nun schon seit Tagen die Lagune gereinigt! Puuuh!

Xterra Golegã - die Lagune da Alverca bei der Reinigung.
Xterra Golegã – die Lagune da Alverca bei der Reinigung. copyright: www.vonimhoff-fotografie.de

Wie auf dem Bild zu sehen, ist wohl außerhalb des Xterra-Events die Lagune zum Großteil mit Algen bewachsen. Die Wassertemperatur war mit ca. 18 Grad recht frisch, so daß das Tragen von Neopren-Anzügen erlaubt war. Glücklicherweise … bei diesen Bedinungen!

Der Startschuß des Xterra Golegã war für 14 Uhr angesetzt und es war irgendwie lustig anzusehen, daß sich die meisten Athleten nur sehr langsam in die Lagune wagten. Die grünlich-gelbliche Farbe sowie Entengrütze, Pferdemist und die Unzahl an Wasserpflanzen waren wohl nicht nur für mich abstossend!

 Xterra Golegã - Schwimmstart
Xterra Golegã – Schwimmstart – copyright: www.vonimhoff-fotografie.de

Es dauerte somit etwas länger bis alle Athleten im Wasser waren. Im Wasser hingegen war der Drang loszuschwimmen sehr groß, so daß die Wettkampfrichter alle Hände voll zu tun hatten, die Athleten hinter den Startbojen zu halten. Peter Lehmann, der zweite deutsche Teilnehmer neben mir und als Elite-Starter gemeldet, nahm es mit Humor. „Wenigstens gibt es hier in Form von Salat Verpflegung während des Schwimmens!“ 😉

Der Start verzögerte sich um cirka 15 Minuten. Als es endlich soweit war wirbelten 164 Athleten das Wasser der Lagune auf – samt allen was darin zu finden war 🙂 Ich schwamm mit normalem Tempo los und hoffte schnell die beiden Schwimmrunden inkl. Landgang hinter mich zu bringen. Überall war Gestrüpp, Algen und Wasserpflanzen! Beim Beinschlag spürte ich Schlingpflanzen. Beim Armzug spürte ich Algen an den Händen und Armen. Ich musste sogar drei, vier mal irgendwelche Pflanzen von meinem Kopf entfernen, die sich über mein Gesicht gelegt hatten! Brrr 😉

Xterra Golegã - Schwimmen in der Lagune da Alverca definitiv ein Erlebnis
Xterra Golegã – Schwimmen in der Lagune da Alverca definitiv ein Erlebnis! copyright: Clarisse Henriques

Ansonsten verlief das Schwimmen der zwei 750 Meter Runden für mich eher unspektakulär. Ich war einfach nur froh als es vorbei war. Mit einer Zeit von 26 Minuten und 48 Sekunden war ich unter diesen Umständen mehr als zufrieden!

Wechsel 1.

Die Wechselzone lag nur wenige Meter vom Schwimmausstieg entfernt auf der anderen Strassenseite und diente sonst als Pferdekoppel. Der Untergrund bestand aus Erde, Stroh und Rindermulch und war für meine zarten Füße durchaus herrausfordernd. Ich fand schnell meinen Wechselplatz und brauchte leider umso länger, um mich aus dem Neo zu schälen. Inbesondere dauerte es eine gefühlte Ewigkeit meine dreckigen Füße zu säubern und in Socken und Schuhe zu verpacken.

Xterra Golegã - Wechselzone
Xterra Golegã – mein Wechselplatz. copyright: www.vonimhoff-fotografie.de

Radfahren.

Nun sollte das Rennen also richtig beginnen. Ich hatte riesengroßen Respekt vor der MTB-Strecke, da ich diese am Abend zuvor noch in Teilen abgefahren war. Besser gesagt, ich habe die Erkundungstour nach ca. 20 Kilometer und 2h Fahrtdauer abgebrochen!

XTerra Golegã - Zweiter Wechsel
XTerra Golegã – Erster Wechsel beendet! copyright: www.vonimhoff-fotografie.de
Xterra Golegã - Auftakt zur zweiten Disziplin
Xterra Golegã – Das Rennen beginnt! copyright: Clarisse Henriques

Die ersten drei Kilometer führten moderat und flach von Teer auf Feldwegen in Richtung der Weinberge. Dort wartete die erste Schikane in Form einer schmalen wackeligen Holzbrücke. Direkt danach musste das MTB auf einem 50 cm breiten Sims gelenkt werden und von dort ging es eine extrem steile Grassböschung hinauf. Mein erster Abstieg 🙁

Xterra Golegã - Die MTB-Strecke fängt moderat an ...
Xterra Golegã – Die MTB-Strecke fängt moderat an … copyright: www.vonimhoff-fotografie.de

Die Weinbergwege waren zwar steinig aber sehr gut zu fahren, so daß die Durchschnittsgeschwinigkeit nun wieder stieg. Inzwischen waren alle Fahrer mit einer hellbraunen Staubschicht überzogen! Es wurde meines Erachtens sehr riskant gefahren und radikal überholt. Selbst auf den Single-Trail-Abschnitten.

Das Landschaftsbild ändert sich mit dem Erreichen der Eukalyptus-Plantagen und es wurde noch steiniger und trockener. Diese Düfte waren einfach wunderbar!

Xterra Golegã - SingleTrails durch die Korkeichen- und Eukalyptuswälder - Copyright: Carlos Paula
Xterra Golegã – SingleTrails durch die Korkeichen- und Eukalyptuswälder – Copyright: Carlos Paula

Bei einer steilen Abfahrt auf groben Geröll passierte es plötzlich und ich konnte das Vorderrad nicht mehr halten. Ich rutschte mit dem gesamten Rad den Abhang herunter und schaffte es gerade noch meinen Abgang über den Lenker abzuwenden, indem ich seitlich vom Rad sprang und mich in eine Dornenhecke rettete. Mit sehr viel Adrenalin im Blut rappelte ich mich wieder auf, schnappte mir mein Rad und stieg wieder auf. Erst einige hundert Meter später, spürte ich die Schmerzen. Während der Fahrt zog ich mir zentimeterlange Dornen aus Hand und Oberarm. Ich kam mir vor wie John Rambo und schüttele innerlich den Kopf. Irre! Keine Zeit weiter darüber nach zu denken. Weiter!

Die Passagen waren teilweise extrem steil (bis zu 31% Steigung!!!) und sehr technisch zu fahren. Aufgrund fehlender MTB-Praxis und Ökonomie entschied ich mich oft für das Absteigen, was mehr Zeit in Anspruch nahm. Der Verzicht von Radschuhen und Tragen der Crosslauf-Schuhe zeigt sich dennoch als gute Entscheidung.

Xterra Golegã - Manchmal ist Schieben doch ökonomischer - zumindest für mich - Copyright: Carlos Paula
Xterra Golegã – Manchmal ist Schieben doch ökonomischer – zumindest für mich – Copyright: Carlos Paula

Inzwischen führte die Wettkampfstrecke durch Korkeichen- und Olivenbaumwälder. Mein Energie-Level war spürbar gesunken und der Blick auf den Tacho frustrierte mich: 21 zurück gelegte Kilometer! 12k waren noch zu fahren. Meine Vernunft sagte schon seit einiger Zeit „Nahrungsaufnahme! Jetzt!“. Doch ich konnte die schmerzenden Hände nicht vom Lenker nehmen. Zwei, drei mal versuchte ich an meine Gels in der Trikottasche heran zu kommen, doch ich schaffte es nicht. Kurzerhand blieb ich an der nächsten Verpflegungsstation stehen und „tankte“ mich auf!

Der letzte Abschnitt der Wettkampfstrecke führte nun in das Reserva Natural do Paul do Boquilobo. Dieses UNESCO Biosphärenreservat bietet über 200 Vogelarten Schutz. Neben der Vielzahl an Düften werde ich den Anblick der fliegenden Störche und Reiher während des Rennens nicht vergessen! Das waren einzigartig und wundervolle Momente. Trotz aller Schinderei 😉

Es galt nun auf Single-Trails durch Schilfdickicht zurück Richtung Golegã zu fahren, was neben einer schlechten Sicht durchaus schmerzhaft war. Ehrlicherweise glaubte ich nicht, daß eine Radzeit unter 2:15h möglich sein würde. Doch zu meiner großen Verwunderung klemte ich das MTB nach 1:59:34h in die beiden Stöcke meines Wechselplatzes!

Wechsel 2.

Ich war zwar nicht sturzfrei, aber zumindest unversehrt durch die zweite Disziplin gekommen. Zudem besser als gedacht. Optmistisch nahm ich den Helm ab, griff nach meinen Gels und drehte meine Startnummer nach vorne. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich das Gröbste überstanden zu haben. Zum Glück wusste ich nicht, was noch kommen sollte!

Laufen.

Auch die Laufstrecke begann moderat auf Teer- und Feldwegen. Die Temperaturen waren inzwischen auf 25-28 Grad angestiegen und die Sonne hatte alle Wolken weg gebrannt. Der Wechsel vom Radfahren zum Laufen fühlte sich trotz allem gut an und ich fand schnell meinen Laufrhytmus. So kam es auch, daß ich an der ersten Verpflegungsstelle nach ca. 2,5k vorbei lief ohne etwas entgegen zu nehmen. Fehler Nummer 1!

Motiviert rannte ich weiter in ein Maisfeld hinein, sprang über große Erdbrocken und ließ dabei etliche Athleten hinter mir. Immer weiter! Über Äcker, Stoppelfelder, Schilfdickicht in einen Orangenhain hinein. Aua! Mir fielen die Orangenbäume erst auf, als ich mir den Kopf mehrfach an den fiefhängenden Orangen stieß. Nach weiteren hundert Metern führte die Laufstrecke zurück zur Lagune hinunter. Allerdings handelte es sich um die zweite der zwei langgezogenen Lagunen. Das wusste ich aber diesem Zeitpunkt nicht und dachte, ich war schon wieder auf dem Rückweg. Fehler Nummer 2. Ich kletterte am Ufer über und unter Bäumen hindurch, watete durch Brackwasser und merkte dabei, daß meine Energie verbraucht war!

Laufkilometer 7 war der längste und schwerste, den ich je zurück gelegt habe. Selbst die letzten Kilometer meiner Langdistanzen hatte ich einfacher in Erinnung. Ich fühlte mich völlig leer und dehydriert. Wasser! Ich brauchte Wasser! Wann und wo war die nächste Verpflegungsstelle?

Endlich sah ich einen Streckenposten und fragte mit krächzender Stimme „Where´s the next aqua stop?“. „500 Meter straight on!“ lautete die prompte Antwort. Danke für diese kleine Lüge, ich hätte vermutlich aufgegeben, hätte ich gewusst, daß es noch 1,2 Kilometer waren! So schleppte ich mich weiter und hoffte hinter jedem Busch, jeder Böschung, jedem Baum auf die ersehnte Verpflegungsstelle. Aber Sie schien nicht zu kommen! Und dann doch. Nach Ewigkeiten! Ich blieb stehen. Und trank. Eine Flasche. Parallel leerte ich eine zweite Flasche über meinen überhitzten Kopf aus und genoß wie das Wasser an mir herunter rann! Und das machte ich ca. 2 Minuten lang so! Neben mir lag schnell ein kleiner Berg von 0,5-Liter-Einweg-Flaschen. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr weiterlaufen. Ich tat es nach über vier Minuten dann doch.

Die letzten zwei Kilomter trabte ich zurück in die Pferdestadt Golegã. Dabei hatten mich zahlreiche Athleten überholt und taten dies jetzt weiterhin. Manche von Ihnen ebenfalls schwer angeschlagen. In ausgeruhtem Zustand ist es ja schon schwer Gebüsch, Schilf oder Äcker mit groben Erdbrocken zu durchqueren, saft- und kraftlos ist das unbeschreiblich. Doch der vorletzte Kilometer hielt noch weitere Schikanen bereit. Ich durfte mich an einen Seil einen Steilhang hochziehen, ein knietiefes Wasserloch durchwaten sowie durch einen alten Abflusstunnel krabbeln. Und zu guter letzt über Strohballen klettern, um ins Ziel zu kommen! Obstacle Racing greets!

Xterra Golegã - Wo ist das Ziel? Hinter den Strohbergen ...
Xterra Golegã – Wo ist das Ziel? Hinter den Strohbergen … copyright: Clarisse Henriques

Ziel.

Xterra Golegã - Finsih! copyright: Clarisse Henriques
Xterra Golegã – Finish! copyright: Clarisse Henriques

Dreißig Meter hinter den Strohballen lag nun der Zielbogen vor mir. Irre! Ich lief die letzten Meter und wusste nicht ob ich jubeln sollte oder nicht. Ich glaube, ich tat es nicht. Und plötzlich war das Abenteuer vorbei! Ich war im Ziel.

Als 80. Finisher wurde mir die Korkeichen-Medaille umgehängt. Mit einer Zielzeit von knapp unter 3 Stunden und 27 Minuten platzierte ich mich in meiner Alterklasse an 13. Stelle von 23 Athleten. Gut? Schlecht? In diesem Falle völlig egal. Ich habe gefinished. Das war was diesmal zählte.

Im Nachhinein gesehen, habe ich die Distanzen aufgrund der geringen Kilometerzahl unterschätzt. Cross-Kilometer sind tückisch und kosten doch einfach deutlich mehr Kraft! 30 Meter durch einen Tunnel robben macht selbst auf den vorigen 970 Metern Metern eine 4er Pace zu nichte 😉

Der Xterra Golegã war einer meiner intensivsten Triathlon-Erfahrungen und mit all den Besonderheiten eine einzigartige Veranstaltung!

Jeder, der von seinem klassichen Triathlon-Trott gelangweilt sein sollte, melde sich bitte für den Xterra Golegã 2019 an 😉 Er wird bestimmt nicht enttäuscht 😉

Abschließend gilt ein besonderer Dank Felicitas von Imhoff Fotografie für die fotografische Begleitung des Events und die tollen Bilder!

XTerra Portugal

Typ: Cross-Triathlon

Distanz: 1,5 – 33 – 10,5 k

Datum: 02. Juni 2018

Nenngeld: 120 €

Schwimmstrecke:

Wasserstart in der Lagune da Alverca, 2 Runden zu je 750m mit Landgang; Tejo-Wasser mit extrem viel Algen, Wasser- und Schlingpflanzen sowie Stroh, Wassertemperatur ca. 18 Grad

Radstrecke:

eine große Runde über Feldwege, Weinberge, Korkeichen- und Eukalypthus-Plantagen, Olivenhaine, Untergrund sehr trocken und steinig, ca. 40% Single-Trails, ca. 480 hm, steilste Stelle 31% lt. persönlicher GPS-Messung

Laufstrecke:

eine Runde über Asphalt, Kies- und Naturweg, über erdige Äcker, Steinmauer, durch Orangenhaine und Schilfdikicht, durch Wasserloch und über Strohballen, ca. 110 hm

Organisation
90%
Strecke
85%
Publikum
70%
Erlebnis
100%
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