Mein Saison Highlight bei Regen und Matsch!
Bisher hatten die XTERRA Cross-Triathlon Weltmeisterschaften Ihre feste Heimat auf Maui, Hawaii. Von 1996 bis 2021 kämpften dort die besten Cross-Triathlen der Welt um die WM-Titel der Profis als auch der Altersklassen. Im Jahre 2022 brach der Veranstalter mit dieser Tradition und organisierte die erste Austragung auf europäischem Boden. Das italienische Bergdorf Molveno, inmitten der Brenta-Dolomiten, war Schauplatz des elitären Rennens. Durch mein erfolgreiches Qualifikationsrennen, dem XTERRA Czech, durfte ich dabei sein. Soviel schon vorab, es war ein grandioses Erlebnis!
Tagelanger Regen hatte die Strecken aufgeweicht, was bereits die Streckenbegehung am Tag vor dem Rennen zur Rutschpartie machte und meine Glieder mehr beanspruchte als erwartet. Doch Streckenkenntnis ist beim Cross-Triathlon bekanntermaßen essentiell. Am Morgen des Renntages waren deshalb leider noch leichte Verspannung und dezenter Muskelkater zu spüren. Doch immerhin hatte ich nun eine Vorstellung wie ich meine Kräte auf dieser WM-Strecke einzuteilen hatte.
Über Nacht hatte es deutlich abgekühlt und leichter Regen setzt während der Startvorbereitugnen ein. Naja, man kann nicht alles haben, entsprechend geqäult fiel das Lächeln auf dem Foto aus 😉
Neben den anspruchsvollen MTB- und Laufstrecken hatte die Wassertemperatur des Molveno-See meinen größten Respekt. Diese brachte an diesem Morgen eine erste positive Überraschung. 16 Grad waren durchaus ok für einen Bergsee auf knapp 900 Metern Höhe. Wie die meisten WM-Teilnehmer hatte ich mit weitaus geringeren Temperaturen gerechnet. Eine zweite Bademütze war aber trotzdem Pflicht.
Die Athleten wurden vor dem Schwimmstart nach Ihren Altersklassen in Startwellen eingeteilt, so daß zumindest in dieser ersten Disziplin ein Überblick über die eigenen Position im Feld der Altersklassen-Athleten möglich war. Auf dem MTB-Kurs sollte sich diese dann verlieren. Wobei sich die Veranstalter eine smarte Lösung für dieses Thema ausgedacht hatten:
Schwimmen – 1,5k ~ 0hm.
Ich positionierte mich links außen, um dem schlimmsten Geknüppel beim Schwimmstart zu entgehen, was hervorragend funktionierte. Ungehindert konnte ich direkt auf die ersten Wendeboje zu schwimmen. Innerhalb weniger Armzüge fand ich guten Schwimmryhtmus und fühlte mich bestens.
Nach der Hälfte der Schwimmstrecke gab es einen sogenannten „australian exit“, d.h. die Athleten kamen für ein kurzes Stück an Land, durften durch einen Zielbogen laufen und vom Steg wieder in den See springen, um auf den zweiten Teil der Schwimmstrecke zu gehen. Man kann das sehr schön auf der untenstehenden Karten sehen und sich die Schwimmstrecke wie ein „M“ vorstellen.
Nach 21 Minuten und 27 Sekunden war das „Molveno-M“ geschafft und ich trabte als 24. von 52 Athleten in meiner Altersklasse über die erste Zeitnahme-Matte. Ein Blick auf meine GPS-Uhr verriet mir nicht nur die Schwimmzeit, sondern auch, daß die Schwimmstrecke mit ca. 1,4k etwas kürzer war als ausgeschrieben. GPS-Ungenauigkeiten schloß ich aufgrund meiner schnellen Schwimmzeit aus 😉
Wechsel 1.
Erneut in senkrechter Position und damit auf beiden Beinen angekommen lief ich weiter über den blauen Teppich. Die Laufbelastung fühlte sich schon mal ganz gut an und erhöhte meine Zuversicht auf genußvolle weitere Triathlon-Stunden.
Die Wetterkapriolen der Vortage und die damit vebundene Frage „Was ziehe ich nur an?“ brachte mich dazu beim ersten Wechsel Zeit in Luxus zu investieren. Ich zog mir Armlinge als auch Socken über und trocknete mich sogar ab! Wahrscheinlich habe ich dies das letzte Mal 2004 bei meinem ersten Triathlon gemacht – LOL! Ich wollte aber keine Unterkühlung riskieren, deshalb kostete mich dieser Wechsel verhältnismäßig viel Zeit. 2 Minuten 40 Sekunden! Doch zumindest ein bischen Luxus wollte ich mir bei meiner ersten WM-Teilnahme doch auch gönnen!
Mountainbiken 33k ~ 1.100hm.
Die kommenden 2 Stunden, 17 Minuten und 27 Sekunden sollten eine Schlammschlacht der Superlative werden! Es mussten dabei zwei Runden a 16,7k und mit je 558hm gefahren werden. Im Grunde hieß dies vom Belastungsmuster folgendes, bevor die Laufschuhe angezogen werden durften:
- ca. 5min. halbwegs flach am See entlang durch einen technischen Parcour mit künstlichen Hindernissen fahren
- ca. 45 min. auf Wald-, Forstwegen und Trails hart bergauf
- ca. 15min. Downhill.
- Wiederhole 1-3
Die erste knappe dreiviertel Stunde war vom Untergrund noch ganz in Ordnung, da der Schotter- und Waldweg-Anteil sehr hoch war. Im Anschluss begann der Schlamm allen Athleten massive Probleme zu bereiten. Die aufgeweichten Trails im Wald verwandelten sich in Rutschpartien. Fahren war teilweise nicht mehr möglich. Selbst schieben war anspruchsvoll.
Stürze und Defekte häuften sich. Es waren geregelte Zwangsstops erforderlich, um das Rad von Schlamm zu befreien, da verklebter Radlauf und Schaltung kein Vorankommen mehr möglich machten. Für meine Konstitution sowie Kondition meisterte ich diese zweite extrem anspruchsvolle Disziplin mit Bravor. Letzendlich bestand die Kunst darin, ruhig und ökonomisch zu bleiben und damit bei all der Belastung eine Herzfrequenz von 150 Schlägen nicht zu überschreiten, um noch genug Energie für einen flotten Trailrun zu haben.
Die nachfolgende Bildergalerie vermittelt lebhafte Eindrücke dieser WM-Stunden auf dem Rad:
Wechsel 2.
Das Wetter hatte sich während des Radfahrens kontinuierlich gebessert, so daß nun beim zweiten Wechsel etwas wärmere Temperaturen als beim Start vorherrschten. Es kamen sogar einige wenige Sonnenstrahlen zwischen den grauen Wolken am Himmel hindurch.
Ich stieg vom Rad und schob es lockeren Schrittes an die dafür vorgesehene Stelle. Meine organge leuchtenden Inov-8 X-Talon begrüßten mich schon aus weiter Ferne und ich hing mein schlammüberzogenes MTB an die Stange. Mit dreckigen Fingern schlüpfte ich aus den MTB- hinein in die Laufschuhe, schnappte mir meine zwei Gel-Packungen und lief zum Ausgang der Wechselzone. Eine Minute und 26 Sekunden später piepste die Zeitnahmematte erneut und es begann der letzte Akt meiner XTERRA-WM – der Trailrun.
2. Lauf – 10k ~ 300hm.
Die ersten Meter auf dem Kiesbett des See entlang fühlten sich schon top an! Den ersten Anstieg in den Wald hinein liefen meine Bein wie von selbst. Das Radfahren hatte mich mental mehr mitgenommen als körperlich. Was einerseits für meine Krafteinteilung und Rennstrategie sprach, andererseits hatte mein mentaler Fokus gelitten. Als hätte der Schlamm auch meinen Geist verklebt, schüttelte ich diesen nun ab und auf legte meinen Wettkampfgeist wieder frei.
Ich blühte in dieser letzten Disziplin regelrecht auf. Selbst die steilsten Abschnitte und technisch herausfordernsten Passagen brachten mir ein Lächeln ins Gesicht und ich war voll im Hier und jetzt. Es entstand ein Flow, ein phantastisches Gefühl der Kraft trieb mich vorwärts und ließ mich Athlet um Athlet überholen. Insbesondere in der zweiten Laufrunde blies ich zur Attacke.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung auf welchem Platz ich lag, jedoch motivierten mich die Waden der anderen. Will heißen, die Altersklassen-Kennzeichnung auf den Waden zeigte mir meine direkten Konkurrenten. Aufgrund der engen Trails hatte ich teilweise sehr viel Zeit auf die Waden vor mir zu blicken, da ich nicht überholen konnte. Also machte ich von hinten Druck und sobald sich eine Gelegenheit bot, breschte ich vorbei. Dabei flowte ich durch die heftigen Downhills und überholte selbst uphill.
Dieser phänomenale Lauf endete nach 54 Minuten und 4 Sekunden im Ziel. Was isoliert für die dritte Disziplin die achtbeste Zeit meiner Altersklasse bedeutete. Dank dieser Leistung schob ich mich im Gesamtklassement um sage und schreibe dreizehn Plätze nach vorne.
Ziel.
Wow, was ein Rennen! Ich war super happy mit meinem Finish und noch viel mehr als ich meine Platzierung erfuhr. 14. AK von 52. Athleten. Dank meiner Aufholjagd reihte ich mich unter den Top15 Athleten WELTWEIT ein! Ich bin bei dem Gedanken immer noch und immer wieder geflashed!
Abschließend auch hier wieder die harten Fakten, sowie der Link zu den Ergebnissen:
Platz | Athlet | Verein | Swim | T1 | Bike | T2 | Run | Finish | AK |
207/ 500 | ARERA VON IMHOFF Oliver | KIWAMI RACING TEAM / ULTRASPORTS FSC MÜNCHEN | 21:27 | 2:40 | 2:17:26 | 1:26 | 54:04 | 3:37:03 | 14/ 52 |
Also: Alles richtig gemacht, das leicht konservative Pacing hat sich ausgezahlt und eine Attacke gegen Ende möglich gemacht✌️
Von den 500 gestarteten männlichen Athleten erreichten 468 das Ziel. 27 Athleten mussten das Rennen vorzeitig beenden und 5 wurden disqualifiziert.
Next stop: Couch. #offseason
Nachtrag:
Hier noch ein sehr schöner Zusammenschnitt der Highlights der XTERRA World Championchips 2022: